Mittwoch, 17. September 2008

Der Ende einer Ära.

Lange hat es gedauert, aber nun endlich habe ich mich dazu durchringen können meinen abschließenden Eintrag online zu stellen.
Seit knapp 5 Wochen bin ich nun wieder in deutschen Landen und es geht mir gut. Ich habe mich wieder eingelebt und ein paar Bier mit alten Freunden nachgeholt.
Das war bitter nötig.
Auch das Abschlussseminar in Weimar liegt nun hinter mir und das bedeutet, dass mein FSJler Dasein nun endgültig ein Ende genommen hat. Das klingt bitter. Vieles habe ich erlebt das letzte Jahr. Vieles war nicht ganz einfach, aber vieles war auch so unbeschreiblich geil, dass ich es nicht missen möchte.
Doch eine neue Herausforderung bahnt sich an, der sich der Kai nun zu stellen gedenkt. Das Studium.
Ich freue mich drauf mein Hirn mal wieder ein bisschen anzustrengen, denn wenn eines meiner Organe in den letzten 365 Tagen an "Unterbenutzung" litt, dann sicher die grauen Zellen in meinem Kopf. Ich musste zeitweise schon fürchten, dass es einfach als überflüssiges Gewebe vom Körper nicht mehr durchblutet wird und abstirbt. Aber glücklicherweise ist es bisher noch nicht soweit gekommen.

Ich möchte an dieser Stelle noch den Menschen danken, die meinen Blog so konsequent verfolgt haben. Danke für euer Feedback und euer Interesse! Es hat immer wieder gut getan etwas aus der Heimat zu hören. Und wenn ich das mal so offen sagen darf, dann ist eines er wichtigsten Dinge, die ich das vergangene Jahr lernen durfte, wie wichtig Heimat ist und was es heißt einen Ort zu haben, zu dem man immer wieder zurückkehrt um Kraft zu tanken. Danke an alle, die Teil dieser Heimat sind.

Ein besonderer Dank soll auch nochmal an meine Organisation gehen, den "Evangelischen Freiwilligendiensten für junge Menschen FSJ und DJiA gGmbH" und an meine Freunde Tomi und Jens.
Danke für alles, mehr muss ich dazu, glaube ich, nicht sagen.

Ich hoffe mit den wichtigsten Leuten in Kontat zu bleiben und danke nochmals für alles, was ich erleben durfte dieses wunderschöne und lehrreiche Jahr in den Niederlanden 2007/2008

Mit den besten Wünschen und Grüßen an alle Leser,

Euer

Kai

Mittwoch, 2. Juli 2008

Eine Odysee in zwei Teilen

Teil 1


So gehen die Türken. Die Türken, die gehen so...“



Was für ein Fest. Was für ein Spektakel...

Jens und ich waren vergangenen Mittwoch zum Deutschland-Spiel gegen die Türkei in der Kölnarena. Die ganze Sache war eine ziemlich spontane Aktion und wie das mit spontanen Aktionen so ist, sie werden meist richtig geil. So auch der Mittwoch...

Lasst mich davon berichten...

Den Vorabend habe ich noch mit grillen, Bier und Wein bei Winnie und Anne-Wil in De Glind verbracht und mir mal Schatijland zeigen lassen... Ich hab den Abend sehr genossen und finde es extrem schade, dass die beiden jetzt schon weg müssen...

Naja, was will man machen?

Kurz entschlossen nächtigte ich bei den beiden, weil ich irgendwie keine Lust hatte um ganz spät Uhr noch nach Hause zu fahren...

Am nächsten Morgen wachte ich schon mit so einem kribbeligen Gefühl im Bauch auf... Irgendwas war anders heute... Und da viel es mir wieder ein. Heute ist der Tag der Tage... Das Deutschland-Halbfinale! Ich frühstückte noch mit meinen zwei Mädels und legte mir einen Zeitplan zurecht... Ich wollte gegen 12.30 Uhr in Arnhem sein um mich mit Jens zu treffen. Davor musste ich noch in Barneveld vorbei, Flaggen einpacken und duschen. Wenn alles gut lief, sollten wir pünktlich zum Einlass um 16.30 das Kölner Ortschild passieren. Gut gelaunt verschmauste ich mein Frühstück und wünschte den Damen viel Spaß beim arbeiten... Ich hatte irgendwie das Gefühl was Gutes tun zu müssen. Vielleicht um die Götter zu besenftigen für das Spiel heut abend, wer weiß. Jedenfalls began ich einfach mal den Saustall aufzuräumen, den wir drei nach durchzechter Nacht hinterlassen haben. Mann, sah das da aus... Überall Gammel und Schmutz, Essensreste und leere Flaschen. Fast eine Stunde hab ich in dem menschenleeren Haus in der Küche gestanden und gespült. Aber es hat Spaß gemacht und ich bin sicher, sie haben sich gefreut. Gut gelaunt und voller Vorfreude machte ich mich bei prächtigem Wetter mit dem Fahrrad zurück nach Barneveld um den ersten Teil meines Planes zu erfüllen. Flaggen einpacken und duschen. Gesagt, getan. Danach ging es zum Bahnhof und ab nach Arnhem. Jens hatte noch nicht gefrühstückt und so kam ich zu meiner zweiten morgentlichen Mahlzeit. Aber ich hatte ja auch schon hart gearbeitet in De Glind. Wir aßen und beratschlagten, was nun zutun sei. Erst ging es in die Stadt um uns für alle Fälle vorzubereiten. Wir kauften eine Palette (!) Energydrinks, Würste, Brot, Bier und, falls es länger werden würde, drei Flaschen Drinkfrühstück und Eistee. Das sollte reichen. Wir befestigten allerlei Flaggen an unserem Auto und preschten los in Richtung deutsche Grenze. Mann, war das schön wieder in meinem gelobten Land zu sein...

Köln nahte und das Fahnenmeer wurde dichter. Wir kamen ohne weitere Komplikationen zur Kölnarena, konnten kostenlos parken und mussten nicht lange anstehen. Alles tschakka also. Drinnen war die Hölle los. Das Stadionähnliche Gebäude fasst etwas mehr als 30.000 Menschen. Davon waren etwa 120 Türken anwesend. Alles also fest in deutscher Hand! Es gab ein Rahmenprogramm um die Masse bei Laune zu halten. Schließlich mussten wir noch vier Stunden warten... Es kamen Kölner Bands (leider keine WiseGuys...) und machten Stimmung nach Art des Hauses. Unter anderem gab es eine Talkshow und allerlei Bundesligaspieler vergangener Generationen waren als Talkgäste geladen. Die Menge feierte und feierte, dabei hatte es doch noch garnicht angefangen. Die vier Stunden erschienen endlos, wenn man so darüber nachdachte. Aber genügend Kölsch und ne jute Stimmung ließ die Zeit verfliegen.

Doch dann ging es plötzlich los... Die Nationalhymne...

Uh...

Ich krieg jetzt noch Gänsehaut, wenn ich dran denke. Ich meine, selbst im Stadion waren nicht so viele Deutschandfans wie in der Kölnarena zu diesem Zeitpunkt... Ultra!

Anpfiff. Alles hüpfte und tanzte. Man freute sich auf ein Fußballfest wie gegen Portugal, doch alles kam anders...


0:1 für die Türkei.


Totenstille.


Was war geschehen? Wie konnte das passieren? Und wer sang da so vergnügt? Die Blicke von 30.000 Menschen wanderten nach linksoben, wo das türkische Fanblöckchen saß. Da waren sie am jubeln... Wie sie sich gefreut haben!


Exakt 4min lang.


Schweini machts! 1-1!

Yeah! Deutschland schlägt zurück! Lautes Geschrei! Überall Fahnen...


Dann stieg die Spannung. Was unser DFB-Team zeigte war nicht wirklich das, was wir gerne hätten sehen wollen. Unruhe machte sich breit. Sollte man denn jetzt nicht langsam mehr Entschlossenheit erkennen? Mehr Struktur, mehr Zug nach vorne? Es sollte dauern, bis wir uns alle sicher im Finale glaubten. 79Min warten auf Klose. Der erlöste uns dann scheinbar mit seinem 2-1. Die Chöre wurden lauter und die Stimmung stieg. Aber irgendwie vertrauten Jens und ich dem trügerischen Vorsprung nicht. Immerhin war das die Türkei und die ist immer für eine Überraschung gut. Und, wie ihr sicher alle wisst, sollten wir recht behalten. Die Stimmung war zwar noch zuversichtlich, aber angeschlagen. Die Menschen gingen los um sich mit neuem bier zu vesorgen für die Nachspielzeit. Aber dieses Bier hatten sie nicht mehr nötig, dank unserem geliebten Herrn Lahm. Anstatt das soeben erworbene Kölsch jedoch zu trinken, schmiss man es bei dem erlösenden TOR kollektiv in die Luft, sodass es die Feiernden in den vorderen Rängen abbekamen. Doch das störte jetzt alles genauso wenig, wie die durchwachsene Leistung unserer Elf während des Spieles. Wir waren im Finaaaale! Was konnte es größeres geben?

Die Massen schrieen und tanzten und es ließ sich erahnen dass der Abpfiff erst der Anpfiff für die Riesenparty sein sollte, die nun folgte.

Und die war allgegenwärtig auf den straßen Kölns. Die Menschenmassen in schwarz-rot-gold strömten die Arena raus und ein Teil,so auch wir, bauten sich auf einer großen Straße auf um alle Autos zu zwingen durch die von uns gebildete Gasse zu fahren, aufdass wir sie schütteln und bejubeln können. Das war ein Spaß. Sogar die Polizei fand es (anfangs) lustig und griff zunächst nicht ein. Als es dann allerdings ein bisschen arg wurde und die Autos gefährlich wankten, war der Spaß dann schnell vorbei. Besonders hervorheben möchte ich die creativen Sprechchöre, die in dieser Nacht in Köln zu hören waren.

So geschah zum Beispiel folgendes:

Eine Gruppe von knapp 200 Männern und Frauen standen auf besagter Straße und freuten sich, als plötzlich ein Auto mit roter Halbmondfahne auf uns zusteuerte...

Das Auto wurde angehalten und die anwesenden Beamten wurden aufmerksam und gingen schon in hab-acht Stellung. Diese Situation hatte Eskalationspotential.

Wir versperrten den Weg.

Das Auto wurde langsamer.

Es blieb stehen. Drinnen saß ein Türke von vielleicht Mitte dreißig mit seiner Freundin.

Es bildete sich ein Menschenkreis um das türkische Fahrzeug. Ein Fahnenmeer der Deutschen...

Jens und ich mitten drin. Was sollte jetzt passieren?

Ein deutscher Jemand übernahm die Initiative. Er machte eine Handbewegung, die uns eindeutig zum sitzen, oder besser zum Hocken aufforderte. Die Menge „gehorchte“. Ruhig und leise hockte man sich, blieb aber auf den Füßen.

Plötzlich durchdrung die Stimme des besagten Jemands die Stille. Er rief: „So gehen die Türken, die Türken gehen so...! So gehen die Türken, Ja, die Türken gehen so...!“ Dabei machte er eine Hock-Laufbewegung, die an einen Ententanz erinnerte... Wir machten mit. Nun watschelten also knapp 200 Enten in Schwarz Rot Gold um das mit türkischen Flaggen geschmückte Auto. Sogar den nervösen Beamten zwungen wir so ein Lächeln ab...

Plötzlich sprang jemand auf, riss die Arme in die Höhe, machte die Gesten eines Torjubels und schrie dabei... „Und so gehn die Deutschen, die Deutschen gehen so....! Ja, so gehen die Deutschen, die Deutschen die gehen so...!“

Alles sprang auf, immitierte den Torjubel und freuten sich ein Loch in den Bauch...

War das herrlich. Auch der Türke im Auto nahms mit Humor. Ganz so lusitg, wie wir, fand ers zwar nicht, aber er hatte ja auch verloren ;) Nach 2-3 Minuten des jubelns, ermöglichte die Polizei unter einem freundschaftlichen Wink dem Auto die Weiterfahrt...

Sehr coole Aktion in meinen Augen...

So ging es den Abend weiter...

Um drei beschlossen Jens und Kai dann langsam mal die Heimreise nach Holland anzutreten, schließlich musste ich in ein paar Stunden arbeiten...

Jetzt hatten wir nur leider nicht den blassesten Schimmer, wie wir die richtige Autobahn finden sollten, die uns (auf dem schnellsten Wege) wieder nach Hause bringen würde?

Einfach mal losfahren, Jens macht das schon. So war der Plan. Ja... Wir haben dann auch ne Autobahn gefunden, nur ging die leider in Richtung Aachen. Also nach Süden. Wir wollten aber gerne nach Nordwesten. Ärgerlich. Wenn wir die weiterfahren würden, müssten wir über Maastricht und Eindhoven nach Arnhem. Das wäre etwa wie über wie als reiste man über Oslo nach Warschau.

Durch mutiges, doch zielloses, auf den verschiedenen Autobahnen Abbiegen und Ausfahrten nehmen, kamen wir dann auf eine Autobahn in Richtung Venlo. Auch Suboptimal, aber besser... Um 5.00 Uhr lagen wir dann in Barneveld im Bett...

Was ein Tag.

Und am Sonntag sollte es gleich weiter gehen...




Teil 2



„Eine Straße, viele Bäume...“


Sonntag.

Der Kai und der Jens wachen morgens in Den Haag auf... Es ist 12.00Uhr und wir hätten schon seit zwei Stunden wach sein wollen. Hat nicht geklappt. Ärgerlich.

Heute sollte er sein. Der große Tag. Finale. Und wir wollten wieder nach Köln. Das war einfach zu geil das letzte Mal, alsdass wir uns dieses Spektakel hätten entgehen lassen.

Aber noch waren wir in Den Haag. Und deutliche 2 Stunden hinter unserem Zeitplan.

Warum waren wir eigentlich da? Ich will das kurz erwähnen.

Ein großer Teil der Freiwilligengruppe trat an diesem Wochenende die entgültige Heimreise an. Für sie ist der Auslandsaufenthalt beendet. Wir deutschen Jungs leisten hier ja quasi unseren Ersatzdienst ab, weil wir nicht zur Bundeswehr gegangen sind und darum müssen/dürfen wir noch 6 Wochen länger bleiben... Zum Abschied haben wir uns letztes Wochenende alle, oder zumindest alle coolen ;) in Den Haag getroffen um nochmal das vergangene Jahr zu feiern...

So auch der Jens und der Kai.

Es hieß sich schnell fertig zu machen, sich das letzte Mal zu verabschieden und in den Zug Richtung Arnhem zu springen. Gesagt, getan. Um kurz vor 14.00 erreichten wir Arnhem, wo wir uns noch ein paar Brote schmierten, und die Flaggen und die Energydrinks ins Auto packten. Diesmal hatte ich sogar eine Routenbeschreibung für die Rückfahrt ausgedruckt, damit uns nicht wieder nächtliche Irrfahrten bevorstanden.

Wir preschten nach Köln...

Um halb sechs waren wir da. Viel zu spät.... Die Arena selbst hatten sie gerade als voll erklärt und ließen nun niemanden mehr rein. Aber das war nicht so schlimm, wie es klingt, weil es etwa 200.000 Menschen so ging wie uns. Die stömten dann auf die Grasfläche vor der Arena um auf einem Megabildschirm das Spiel zu verfolgen und eben draußen Fußball zu feiern. Die Stimmung war mäßig, weil sich einige Vollpfosten (etwa viele hundert) auf den Boden setzten, anstatt, wie jeder normale Mensch, zu stehen. Das nahm natürlich unglaublich viel Platz in Anspruch und machte für den Rest, das Druchlaufen extrem schwer. Spasten... Die Herrn auf der Bühne lösten dann irgendwann sehr elegant das auch von ihnen erkannte Problem, indem sie das Lied: „Steht auf, wenn ihr für Deutschland seid“ anstimmten“... Da mussten sie dann... ;)

Wir ergatterten nach einigem Kampf dann trotz Sitzblokaden noch recht gute Plätze, ziemlich in der Mitte der Menge mit freiem Blick auf die Leinwand. Links neben uns befand sich eine riesige Häuserwand. Das Verwaltungsgebäude der Arena. Und fast über die gesamte Fläche des Gebäudes war eine unglaublich mächtige Deutschlandfahne gespannt. Frei Schnautze will ich mal auf 700-800m² tippen. Wirklich fett! Kurz vor Anpfiff geschah es dann... Das böse Omen...

Die Riesenflagge löste sich an einer Seite und fiel....


Was wollte uns Gott damit sagen?


In der Menge bildeten sich Sprechchöre zur Melodie von „Reißt die Hütte ab!“ aber dann „Hängt die Flagge auf!“ (Ganz, ganz schnell...)

Dann begonn das Spiel... Die Nationalhymne. Ähnlich pornorös, wie am Mittwoch...

Die Flaggenproblematik war vergessen. Deutschland zeigte sich entschlossen und die ersten zehn Minuten schien es keinen Zweifel daran zu geben, wer den Pott mit nach Hause nehmen würde heute Abend... Doch dann kam alles ganz anders, wie ihr ja sicher alle wisst. Ich will aus Herzensgründen nicht weiter auf die Niederlage eingehen, sondern stattdessen positiv hervorheben, dass man sich die Laune in Köln nicht hat verderben lassen...

Man feierte den verdienten Vize-Titel!

Wir haben an dem Abend noch zwei Mädels kennengelernt, die uns einen Tipp gaben, wo man in Köln am Besten nach dem Spiel noch feiern könnte. Der Plan war, sich dann dort zu treffen. Es ging, nach kurzem nahrungsaufnahmebedingten Abstecher zum Auto auf in Richtung Zülpicher Platz. Und da ging die Post ab! Ich holte mir noch was leckeres kölsches zu trinken und wir genossen den Abschied einer aus unserer Sicht sehr gelungenen Europameisterschaft. Es waren Fans aus allen Ländern anwesend und man sang und tanzte fröhlich miteinender. Nur die Spanier standen etwas abseits um sich zu betrinken. Die hatten ja gewonnen und deshalb mussten meine empfindlichen Ohren überall und andauernd „Alè, Alé Viva Espania!“ hören. Es war allgegenwärtig und traf uns Deutsche dann doch irgendwo. Ja, sie waren die bessere Mannschaft, aber trotzdem...

Es galt also etwas entgegenzusetzten. Wer hatte den zündenden Gedanken? Was könnte man singen, was die dämlichen Spanier von ihrer dämlichen Alè runter holt?

Auf dem Weg mit der Straßenbahn zurück zur Kölnarena, wo unser Auto stand, geschah es dann. 20 Spanier und der Rest Deutsche in einem Zug. Spanier am singen und tanzen. „Alé,Alé...“ bla bla.. Deutsche gucken genervt...

Eine kleine Gruppe von Deutschen übernahm die Sprechchorleitung und stimmte ein Liedchen an um unseren südeuropäischen Freunden zu erklären, was sie da eigentlich die ganze Zeit singen...

Das ganze lief auf die Melodie von Olé, Olé Super Deutschland! Olè, Olè!:


„Alé, Alee (2x) Eine Straße, viele Bäume, ja das ist eine Alee...“

gefolgt von einem dreifachen, donnernden: Deutschland, Deutschland!


Das sollte erstmal für Ruhe sorgen...

Doch keineswegs. Die tapferen Spanier gröhlten weiter. Noch lauter. Daraufhin ertönte aus unserer Ecke wieder das Deutschland, Deutschland, wobei die Spanier es wagten, zwischen den einzelnen Deutschland-Rufen von uns ein lautes „Zweiter!“ einzufügen...

Die Säcke...


So ging das dann bis wir aussteigen mussten. Der Ganze Zug wackelte von außen und mal gganz ehrlich... Ich wäre, hätte ich an der Haltestelle gestanden da nicht freiwillig eingestiegen... Sah schon recht aggressiv aus, war es aber überhauptnicht.


Das war das schöne.


Mit der Rückfahrt klappte es diesmal um Längen besser... Diesmal schliefen wir in Arnhem, doch wesentlich länger war die Nacht auch nicht. Dafür hatte ich am nächsten Tag frei. Auch was wert.


Ihr seht also, in Sachen Fußball hat der Kai seinen Spaß gehabt.


Ihr auch?


Freue mich von euch zu hören, also schreibt mir was nettes,


Bis zur Weltmeisterschaft!


Kai

Dienstag, 24. Juni 2008

Seminar Holland die Dritte oder auch: Johanna und sein wallendes Haar

Hallo liebe Liebenden...


Es ist wieder einiges geschehen, was ich euch nicht verheimlichen möchte. Ich habe das „End of Service“ Seminar hinter mir. Das letzte in den Niederlanden.

Aufbruchsstimmung macht sich breit. Es geht um Abschied. Die EVSler, also die Mädels unserer (wirklich tollen) Freiwilligengruppe, packen in diesen Tagen langsam ihre Sachen um die endgültige Reise nach Hause anzutreten. Eine Reise, die mir in acht Wochen bevorsteht und auf die ich mich schon freue. Aber ich will nicht so viel über Abschied und Tränen sprechen, sondern ein wenig berichten, was denn da auf diesem Seminar und drum herum so alles passiert ist.

Los ging es, wie man sich sicher denken kann, mit der Anreise. Jens und ich schimmelten mehr oder minder motiviert gegen 16.00 des vergangenen Samstages mit dem Auto nach De Glind, dem Nachbardorf von Barneveld, wo auch schon das letzte Seminar stattfand. Wir waren müde. Sehr müde. Am Vortag, oder besser der Vornacht zelebrierten nämlich wir den niederländischen Fußball gegen Frankreich beim Public Viewing in Rotterdam zusammen mit geschätzten hunderttausendmillionen Holländern, die vom Auftreten von Oranje mindestens genauso geflasht waren wie Jens und ich. Schon sehr porno, wie die Jungs da den Welt- und Vizeweltmeister weggebomt haben... Respekt. In Rotterdam zweifelte in dieser Nacht niemand mehr, wer letztendlich Kampioen werden würde.

Niemand. Um ehrlich zu sein, waren auch wir schon fast überzeugt, dass diese Mannschaft einen ernstzunehmen Gegner für die DFB-Auswahl im Finale darstellen könnte.

Doch genug des Fußballs bis hier. Später mehr...

Man versammelte sich also in De Glind um ein schönes und lehrreiches letztes Seminar zu haben und die letzten Stunden zusammen zu genießen.

Auf dem Programm für die nächsten Tage standen allerlei Aufgaben und Übungen das vergangene Jahr zu evaluieren und auszuwerten und ein sogenanntes „Survivaltraining“. Dieser Begriff und die dafür eingeplanten acht Stunden heizten natürlich die Spekulationen in unserer Gruppe an, was es damit wohl auf sich haben könnte. Survival? Für was? Das Jahr haben wir doch schon fast hinter uns? Was gäbe es da noch zu survivaln? Wenn man sich nun die geografische Lage von De Glind ansieht, kommt einem ein ganz anderer Gedanke. De Glind liegt sehr ländlich. Quasi in Hollands Outback. Die pure Wildnis drumherum. Die Metropole selbst hat geschätzte 150 Einwohner und eben uns, die da eine nette Woche verbringen. Der von uns so viel diskutierte Begriff des Survivaltrainings könnte also recht wörtlich gemeint sein. Mit Spannung warteten wir den vergangenen Montag ab.

Früh klingelte der Wecker. Alles strömte in die Duschen des YMCAs indem wir nächtigten. Beim Frühstück begann das Survival. Wer bekommt das letzte Brot fürs Lunchpaket? Wer wird genügend Essen dabei haben um zu überleben? Um ganz-früh-Uhr versammelten wir uns dann alle vor dem YMCA und wurden ein Stück die Straße entlang und dann in den Wald begleitet. Jeder von uns bekam einen kleinen Umschlag mit vier Blättern und vier Aufgaben. Jede Aufgabe war mit einem anderen, frei wählbaren, Partner zu bewältigen. Der erste Teil bestand aus einer Wanderung durch den Wald.

Ich beschloss die erste Etappe mit Jens zu meistern. Wir bekamen eine schlecht gezeichnete Karte in die Hand und wurden losgeschickt „Punkt Nummer 20“ auf der Karte zu finden. Auf dem Weg dorthin bekamen wir Fragen gestellt (Die standen auf den Aufgabenzetteln) deren Antworten wir auf dem Weg diskutieren sollen. Es drehte sich hauptsächlich um das Erlebte des letzten Jahres. Das jetzt alles im Detail wiederzugeben würde an dieser Stelle zu weit führen.

Tief ins Gespräch vertieft stöberten Jens und Kai also durch den Wald. Wirklich einen Pkan, wo wir hin mussten, hatten wir nicht. Die Karte, die wir hatten, würde ich nicht als brauchbar bezeichnen wollen und so hielten wir uns an die Spuren der Gruppen, die vor uns in den Wald geschickt wurde. Es ging nämlich immer in Zweiergruppen in gewissen Zeitabständen in den Wald. Nach nicht all zu langer Zeit holten wir die Gruppe vor uns ein, die uns genauso fragend ansah, wie wir sie... Keine Ahnung wo lang... vielleicht zwischen den Bäumen da durch? Oder doch zwischen denen da hinten? Oder ist jemand schonmal den Trampelpfad da hinten lang gelaufen? Wenn ja wer und ist er zurückgekehrt? Und es kam, wie es kommen musste. Wir verirrten uns. Fest entschlossen schritten wir schließlich den Weg entlang, den wir für am wahrscheinlichsten hielten und nach ein paar Minuten war ein lauter Pfiff und Schreien von hinten zu hören...

Die Seminarleitung. Was wir denn da für einen Stuss zusammenlaufen würden? Ob wir denn garnicht überleben wollten. Öhm... Doch, ja. Eigentlich schon...

Wir schämten uns für unser Versagen und ließen uns den richtigen Weg zeigen... den fanden wir dann sogar auch ganz alleine nur mit Hilfe...


Stützpunkt 20.


Ein Bauernhof. Dort stand Henk, der Seminarchef und grinste. Partnerwechsel! Ich suchte mir Robi, den Ungar aus dem MissionHouse aus. So sollte es sein. Wir bekamen eine neue Karte mit neuem Ziel, die etwa genauso unleserlich war, wie die alte. Und wir bekamen eine neue Aufgabe, die wir zu diskutieren hatten. Und: Wir bekamen nochwas. Ein Fahrrad. Aber nicht jeder eins, sondern eins für uns beide zusammen...


Tandemfahren! Yeah!


Wir durften auf dem Gelände des Bauernhofes zwei Übungsrunden drehen um den Umgang mit dem seltsamen Gefährt zu erlernen. Das sieht immer so einfach aus, ist aber wirklich Teamarbeit. Besonders hinten ist es ein schreckliches Gefühl die Verantwortung über das Lenken abzugeben.

Was für ein Trip... Aber ob ihr es glaubt, oder nicht, wir sind nicht ein mal hingefallen! Tschakka!

Es ging ein ganzes Stück allerlei Straßen entlang und wir versuchten uns verzweifelt zu orientieren. Zum Glück wussten wir wenigstens welche Stadt wir erreichen sollten und konnten die Wegweiser am Straßenrand gut entziffern, sodass wir trotz einiger lebensgefährlichen Fahrmanöver unser Ziel erreichten... Die Stadt Leudsen. Ihres Zeichens ziemlich hässlich, doch von einer wunderschönen Flusslandschaft umgeben...

Völlig entkräftet und gepeinigt vom Gegenwind erreichten wir den nächsten Stützpunkt, wo ein Teil der Gruppe schon auf uns wartete. Wieder war der Stützpunkt ein Bauernhof. Wir stellten unsere Tandems ab und beschäftigten uns mit pausemachen und trinken, bis alle anderen da waren. Der Bauernhof lag direkt am Ufer eines Flusses und man munkelte schon, was unsere nächste Aufgabe sein würde....

Auf dem Hinterhof des Gehöftes hatte einer schon so seltsam lange 2 Mann Boote entdeckt, die man dort, wie es schien, mieten konnte. Und es kam, was wir alle erwarteten. Wir tauschen unsere Tandems gegen Kanus...

Fett! Bombenwetter, ultrageiler Fluss und wir beim Kanufahren. Na wenn das nicht cool ist.

Auf in die Boote lautete der Befehl. So sollte es sein. Diesmal war Tibor mein Mann an Deck. Wir machten das Schiffchen startklar und es ging los. Wieder hatten wir ein paar Koordinationsprobleme. Es galt gleichzeitig UND in die gleiche Richtung zu paddeln, was uns am Anfang zumindest nicht immer gelang... Wir ruderten den Fluss entlang, lieferten uns Wettkämpfe mit den anderen Paddelteams unserer Gruppe und machten uns gegenseitig so nass wie möglich. 5Km lang. Dann war der Fluss auf einmal zu Ende. Einfach fertig. Und wir strandeten dumm guckend auf einer Wiese, zogen die Boote an Land und warteten auf die anderen und auf Henk, der die Sache koordinierte und mit dem Auto hinterherfuhr. Der kam dann auch und mit ihm dunkle Wolken... Sollte es etwa anfangen zu regnen? Wir waren doch schon alle bis auf die Knochen nass. Was würde uns der Regen also noch bringen? Das wäre doof.

Wir ließen uns die Laune nicht verderben, packten unsere Lunchpakete aus und schmausten. Henk hatte noch Saft und Milch besorgt und wir ließen es uns gut gehen.Selbstverständlich warteten wir mit dem Essen nicht bis alle Paddelteams da waren. Dann wäre für uns ja nichts mehr geblieben... ;) Nach der Essenspause lehnten wir uns zurück und waren alle stolz das Survivaltraining, wenn auch mit letzter Kraft, bestanden zu haben. Wir waren ja noch am Leben.

Bis einem dann ein ziemlich dummer Gedanke kam...

Wie kommen wir eigentlich von hier,der ziemlich exakten Mitte des Garnichts, wieder zurück in unser Hostel?

Böse Frage...

Ich glaube zu diesem Zeitpunkt klebten auf Henk so ziemlich alle Augen, die wir zur Verfügung hatten mit fragend, ängstlichem Blick...

Der aber grinste nur und sagte: „Ich mit dem Auto und ihr, so wie ihr hergekommen seid...“

Nein!

Jetzt begriff ich, was sie mit survival meinten. Nochmal das ganze? Pitschnass? Kanu, Tandem und wandern?

Och nöö....

Aber ein deutscher Junge weint nicht.

Auf zurück. Dorthin, wos warm ist.

Diesmal viel meine Tandemwahl auf Ferdi. Wir beschlossen eigentlich es ruhig angehen zu lassen... Keine Hektik. Aber dann waren da so ein paar Wilde, deren Namen ich nicht nennen möchte, die meinten mukken zu müssen und uns mit mörderischer Geschwindigkeit überholten. Laut lachend. Wir vielen immer weiter zurück... Konnten wir uns das bieten lassen? Eher minder, oder? Also beschlossen wir das komplette Feld von hinten aufzurollen. Treten bis in den Tod, lautete der Schwur...

Ich weiß wirklich nicht, wie ich diesen unglaublichen Kraftakt in Worte fassen kann, damit ihr auch nur ansatzweise nachempfinden könnt, was wir in der folgenden Viertelstunde empfunden haben... Ich glaube meine Beine sterben immernoch ab...

Ultra.

Und wir haben es geschafft. Wir haben sie alle abgezockt! Die Letzten 20 Meter vor dem Ziel! Ha!

Und wir haben überlebt! Dafür hatte sich die ganze Aktion gelohnt...

Was ein Kampf...


Der Rest des Seminars war weit minder anstrengend. Natürlich verfolgten wir das Österreich-Spiel der Deutschen und auch das Holland-Spiel gegen Rumänien gab es auf der Leinwand zu sehen.

Der Anschied am letzten Tag war dann natürlich dramatisch und nicht ganz einfach. Für einen Großteil unserer Gruppe, nämlich denen, die am European Volunteer Service-Programm teilnehmen (mit Namen die Mädels und die Ungarn) verabschieden sich aus Holland bis zum Ende dieses Monats. Dementsprechend werde ich diese Woche noch einige Menschen besuchen müssen und wollen, die ich dann erst auf dem Rückkehrerseminar in Weimar wiedersehe. Mann, wie ich mich darauf freue...


Auf das Ausscheiden der Niederländer bei der EM möchte ich nur der Vollständigkeitshalber am Rande eingehen. Glaubt mir, es war bitter. Ich bin ja inzwischen erklärter Holland Fan (was selbstverständlich in keinerlei Konkurrenz zu meinem deutschen Fußballherzen steht) und wir Freiwilligen gaben uns das Spiel beim Public Viewing in Arnhem auf dem Korenmarkt.

Mehrere tausend Menschen hatte es dort hin gezogen um zu feiern.... Aber alles kam anders. Damit hätte keiner gerechnet. Doch allen Erwartungen zum trotz blieb alles friedlich und nach den ersten 10min der Trauer und des Schmerzes schien alles wieder vergessen und wir feierten mit orangen Niederländern noch den Rest des Abends ausgelassen. Jetzt hatte Oranje schon verloren, jetzt wolle man sich die Stimmung und damit den Abend wenigstens nicht ganz versauen lassen... Tolle Einstellung! Das lob ich mir...


Nun. Das soll es bis zu diesem Zeitpunkt auch mal wieder von mir gewesen sein...

Ich freue mich über Kommentare und verabschiede mich bis zum nächsten Mal!


Ole, Ole Deutschland!

In diesem Sinne,


Kai


Johannes und ihre neue Frisur


Ihr werdet euch sicher gefragt haben, was das denn für eine komische Überschrift ist: „Johanna und sein wallendes Haar“ Ich spiele hiermit auf Johannes' neue Frisur an. Wenn ich persönlich an das Seminar denke, kriege ich einfach sein freshes, langes, blondes Haar, das er sich in regelmäßigen Abständen leicht und elegant hinter die Ohren kämmt, nicht mehr aus dem Kopf... ;) Es ist und bleibt unsere lieblings Johanna mit seinem wallenden Haar...

Donnerstag, 5. Juni 2008

NT2, der Kai und Ameland im Mai


Hossa!


Ich hab ihn hinter mir! Den Test der Tests. Nederlands als tweede taal (kurz NT2). Das ist der Sprachtest, den man machen muss, um bei einer niederländischen Universität zugelassen zu werden. So ziemlich das höchste der Gefühle, was man so machen kann. Ihr erkennt sicherlich aus meinen protzenden Worten spricht voller Stolz. Endlich hab ich das Ding hinter mir. Jens und ich haben uns dieser zweitägigen Herausvorderung am 21. und 22. Mai gestellt. Es galt sich in vier Karegorien prüfen zu lassen. Lesen, Sprechen, Hören und Schreiben. Abgenommen wurde der Spaß in Utrecht. Da saßen wir dann in einer Art Großraumbüro. Jeder in seinem abgetrennten Bereich mit Headset auf vor einem Computer eifrig die Aufgaben am Beantworten. Was kann ich sagen? Leicht wars nicht, aber machbar. Das klingt ziemlich nichtssagend, ich weiß. Trotzdem beschreibt es am genauesten das geforderte Niveau, finde ich.

Kaum war der Test am Nachmittag des 22.5 vorbei, fühlte ich mich völlig fertig. Als hätte ich vier Nächte nicht geschlafen. Komisch. Jetzt müsste doch gefeiert werden?! Aber irgendwie war mir nicht danach. Also holten wir (Jens und ich) uns ein Bier bei Albert Heijn (einem Supermarkt) und setzten uns an den Bahnhof, um auf unseren Zug zurück zu warten. Ich schäme mich schon ein bisschen für diese unspäktakuläre Aktion, aber was will man machen, wenn man sich wie tot fühlt? Lieber schlafen als saufen, oder?

Außerdem sollte es ja am folgenden Tag nach Ameland gehen. Das ist eine, oder besser die Ferieninsel in Norden Hollands. Der eine oder andere wird davon vielleicht schon mal was gehört haben. Es war geplant auf Ameland mit ein paar Freiwilligen einen Caravan zu mieten und ein paar schöne und sonnige Tage am Strand zu verbringen. Also dachte ich mir, ich gebe mich heute mal meiner Müdigkeit bedingungslos hin und schlaf mich aus, um dann auf Ameland schön fit zu sein und mich zu erquicken.

Das war der Plan.

Es kam allerdings so:

Folgender Morgen: Kai steht auf, sein Wecker klingelt. Eigentlich hätte er noch einhundert Stunden weitergeschlafen, aber sein Wecker sah das anders und so mussten 12 genug sein. Es galt noch ein paar Stündchen zu arbeiten und sich dann gegen drei auf den Weg nach Leeuwarden zu machen. Das ist eine Stadt in Friesland. Dort wollte ich mich mit Jens treffen, um mit ihm weiter Richtung Norden zu reisen und dann auf die Insel zu schippern. Das klappte theoretisch auch recht gut. Nur nach Zwolle überkam mich wieder diese lähmende Müdigkeit und ich zog meinen Pulli aus, formte ihn mit Sorgfalt zu einem kleinen blauen Kissen und legte meinen Kopf darauf um ein wenig zu schlummern. Ihr denkt jetzt sicher zu wissen was kommen muss, das kommt. Kai verpasst seine Station. Aber nein. Leeuwarden war die Endstation. :) Sonst wäre das sicher passiert. Ganz sicher.

So schmissen sie mich nach anderthalb Stunden raus und ich rief im Halbschlaf Jens an, wo er denn jetzt stecke, wir wären doch verabredet. Kurz darauf stand er vor mir. Pünktlich diesmal. So kennt man ihn garnicht.

Wir checkten wann der Bus Richtung Küste abfährt.

In über einer Stunde.... Also erstmal was trinken gehen. Wir eierten mit unserem Gepäck ins erstbeste Lokal und ich orderte mir was gesundes. O-Saft. Schwul, ich weiß. Aber ich hatte wirklich Lust drauf. Echt jetzt.

Pünktlich zehn Minuten vor Ankunft des Busses bauten sich Jens und Kai an der Haltestelle auf. In der festen Überzeugung sicher die Ersten zu sein. Doch weit gefehlt. Etwa zweihundert leicht bekleidete, braun gebrannte und gut aussehende junge Leute mit den verschiedensten Surfbrettkonstruktionen unterm Arm hatten die gleiche Idee wie wir. Auf nach Ameland! Der kluge Mensch weiß, dass ein Bus maximal 50 Sitzplätze hat. Wenn dieser dann auch noch rechnen kann (also der Mensch, nicht der Bus), erkennt er, dass diese 200 bunten Wesen sicher nicht alle in dem Bus platz und schon garkeinen Sitzplatz finden werden. Es galt sich also erbittert duchzusetzen. Zusätzlich war dies auch noch der letzte Bus am heutigen Tag zur Fähre. Es bahnte sich also ein wirkliches Problem an. Man rangelte und drängelte schon lange bevor der Bus in Sichtweite war. Aber Kai und Jens hatten einen Masterplan. Eine List sollte uns zu einem Sitzplatz verhelfen. Wir drängten uns nicht in die erste Reihe, wie alle anderen, sondern stellten und an der richtigen Stelle im Pulk auf. Wenn auch in einer der hinteren Reihen. Aber so, dass die vordere Bustür direkt auf unserer Höhe ihre Schleusen öffnete. Und so waren wir ziemlich vorne bei der Platzvergabe dabei und ergatterten sogar noch zwei Plätze zum sitzen! Mit einem fröhlichen „HaHa!“ auf den Lippen ratterten wir einige Minuten später los in Richtung Küste. Das Fahrzeug glich einem Hippiebus. Viel zu viele Menschen drin, von innen durch all die gewagt Gekleideten durchweg bunt und selbst der Bus passte in die Zeit. So ein Uralt-Ding aus silbernem Wellblech und roten Ledersitzen. Sehr stylisch.

Wenn ich nur nicht so müde gewesen wäre... Was war nur los?

Jens und ich begannen auf der Fahrt, die doch um einiges länger war als erwartet, nach geschätzter Minute 324 an, deutsche Fußballieder zu singen.

Sehr zum Vergnügen des Surfer-Hippiemädchens uns gegenüber. Verstanden hat sie nichts, aber mitgesungen. Das lob' ich mir! Der Rest guckte ein bisschen komisch. Naja.

Nach etwa ganz langer Zeit kamen wir dann endlich am Fährhafen an. Wieder mussten wir uns in eine kilometerlange Schlange anstellen. Irgendjemand erklärte uns dann, dass auf unserer Zielinsel ein großes Festival stattfand. Darum all die vielen gutgelaunten Menschen. Jetzt wurde mir einiges klar. Um nicht während dem Anstehen einzuschlafen, zettelte ich mit Jens eine Diskussion an, wie wir der Schalterfrau, die die Tickets für die Fähre verkaufte, am Besten weis machen könnten, dass wir über 65 sind und deshalb den 65+ Tarif nutzen können um Geld zu sparen. Aber die dämliche Dame an der Kasse wollte uns kein Wort glauben. Ich versuchte es dann mit dem Hundetarif. Auch davon wollte sie nix wissen. Und das obwohl sie später zugab, dass sie mir den noch am ehesten verkauft hätte...

Das muss an meinen Augenringen gelegen haben.

Was folgte waren anderthalb Stunden auf einer unglaublich überfüllten Fähre. Wir quetschten uns auf eine Bank im „Restaurant“ des Schiffes und ich musste das unerträgliche Geschwätz eines Holländers ertragen, der mit seiner unfassbar lauten Froschstimme unerbitterlich auf seinen Freund einhämmerte, welcher aus Selbstschutz immer wieder mir einem „JaJa“ in Zimmerlautstärke antwortete. Nachdem die Beiden dann vier Bier geleert, Jens sein Sudoku gelöst hatte und ich beinah ausgerastet wäre, kamen wir im Zielhafen an und drängten uns nach draußen.

Wieder ging es in einen Bus. Diesmal aber ohne Hippies. Wir überqueerten einmal die Insel und erreichten das Örtchen Hollum. Da wollten wir hin. Auf den Campingplatz Boomhiemke. Da waren wir nun nach einer weiteren dreiviertelstunde reisen.

Ich war am Ende.

Kristin holte uns von der Bushaltestelle ab. Ich dankte Gott. Endlich ein bekanntes Gesicht. Zeichen der Ankunft und der Ruhe. Auf dem Weg zu unserem gemieteten Caravan witzelte ich schon ein bisschen zynisch über erwartete Größe und Kompfort. Mein Zelt hatte ich sicherheitshalber schonmal mitgenommen. In einem Wohnwagen mit 10 anderen übereinander zu schlafen. Nein, das musste jetzt nicht mehr sein.

Tja. Und da stand er nun. Der Caravan. 15 Meter lang, ein reisiges Wohnzimmer mit Karmin und Fernseher, zwei Schlafzimmer, Küche und Bad.

Ich hatte Mühe meinen Mund zuzukriegen.

Mann, was ein Prachtexemplar von einem Trailer. Und das für wenig Geld. Langsam begann ich mich auf den Abend zu freuen. Die anderen kamen später noch auf die glorreiche Idee nachts zum Strand zu gehen, um die Atmosphäre zu genießen, aber ich fühlte mich derart komisch, dass ich es vorzog mit Kristin da zu bleiben und mir eine Kochsendung vor dem Karmin mit ihr anzusehen. Dort kochte unter anderm der Koch der Deutschen Nationalmannschaft, der coolerweise mit Nachnamen Stromberg heißt. Der Abend verging wie im Fluge und ich ging früh schlafen.

Und dann kam es. Der Grund, warum ich mich schon die Ganze Zeit so nach Ruhe und Bett sehnte.

Das Fieber.

Ach du scheiße. Die Nacht war Himmel und Hölle zugleich. Auf der einen Seite war ich froh endlich in einem Bett zu liegen, auf der anderen Seite kochte ich und fror gleichzeitig. Eine Qual... Es ging mir echt dreckig die Nacht...

Am nächsten Morgen war es schon ein bisschen besser, aber von gut war nicht zu sprechen. Dafür schien die Sonne. Auch was wert. Es windete unheimlich, doch es war schön warm. Wir beschlossen an den Strand zu wandern um dort den Tag zu verbringen. Also verließen wir unser Luxusdings auf Rädern und machten uns auf durch die Dünen und Deiche zum Wasser. Wirklich traumhafte Landschaft da. Besonders der Leuchtturm, der nachts den Campingplatz in regelmäßigen Abständen mit seinem Licht streifte, hat es mir angetan.

Es muss ein bisschen lustig ausgesehen haben, wie ich da so vollkommen bekleidet, weil noch ein wenig fiebrig, mitten in der Sonne am Strand im Sand lag und alle Viere von mir streckte. Ich glaube davon gibt es sogar Fotos. Ich war absolut zufrieden. Alles was ich brauchte hatte ich. Luft zum atmen, Sonne, Wasser, Bikinis und keinen Grund mich bewegen zu müssen. Dafür hat sich die ganze Action am vorigen Tag gelohnt.

Der Kai begann sich zu entspannen...


Gegen Abend wurde es dann aber wieder etwas schlimmer und so rettete mich der Eurovision Songcontest. Wirklich homo, ich gebs zu, aber zu mehr war ich beim besten Willen nicht fähig. Alles andere hätte keinen Spaß gebracht und dann hätte ich den anderen den Abend versaut. Und so wars ja dann auch nicht gedacht...

Der Sonntag war dann ziemlich verregnet. Aber das machte ja nichts, weil es dem Kai ja nun wieder besser ging. So wie sich das gehört. Am Ende des Urlaubs fit werden. Nunja.

Wir gingen schwimmen. Nein, nicht im Meer, sondern im Schwimmbad des Platzes. Das Becken war nicht wirklich späktakulär, aber wir machten uns Spaß. So begannen wir beispielsweise mit allerlei Schaumstoffschwimmhilfen ein Floß zu bauen. Das war uns eine Freude... ;)

Abends saßen wir in geselliger Runde zusammen in unserem Mega-Ultra-Wohnzimmer und spielten Trinkspiele. Montagmorgen gab es dann noch ein ausgebreitetes Frühstück und dann machte man sich in Gruppen über den Tag verteilt wieder auf den Rückweg.

Ich dankte Gott als ich nach erneuten 7 Stunden Reise endlich zu Hause in Barneveld in meinem Bett lag und die Augen schloss.

Wieder was erlebt. Wenn auch diesmal mit Haken.


Ich freue mich aufs nächste Mal, dann bin ich wieder fit, versprochen.



Es grüßt aus Hollands' Herzen,



Kai


Sonntag, 18. Mai 2008

Die Lehren des Herrn Ritter


Morgen.


Es ist wieder allerlei passiert in meinem bescheidenen Zivileben und der letzte Eintrag ist ja auch schon bald wieder einen Monat her. Es ist also an der Zeit euch ein bisschen auf dem Laufenden zu halten.

Ich bin vor zwei Wochen aus dem Urlaub in meinem geliebten Vaterland nach Holland zurückgekehrt, um meine letzten drei Monate anzutreten. Endrunde also.

Und die fing gleich vielversprechend an. ICCO, meine niederländische Partnerorganisation, frug Jens und mich schon vor mehreren Wochen, ob wir nicht Lust hätten irgendwann mal nach Haderwijk, einem Ort in grenznähe, zu fahren und dort ein paar Unterrichtsstunden an einer weiterführenden Schule mit einem Vortrag über unser Schaffen in den Niederlanden zu füllen. Da haben wir mal ganz forsch ja gesagt ohne eigentlich so richtig zu realisieren, auf was wir uns da einlassen. Nun war die Aktion schon fast wieder vergessen, als es plötzlich ernst wurde. Wir bekamen die Daten und eine Lehrerin des Nassau-Veluwe Gymnasiums in Haderwijk nahm mit uns Kontakt auf. Was wir uns denn so vorgestellt hätten, ob wir einen Beamer bräuchten, es sei ja schließlich nur noch eine Woche und sie fände es toll, wenn wir ihr unsere Vorstellungen mal unterbreiten würden.

Öhm.

Vorstellungen? Ja.

Nee.. Ehrer nich so.

Vorgestellt habe ich mir eigentlich nix. Um ehrlich zu sein hatte ich meine Zustimmung zu diesem Vorhaben schon wieder erfolgreich verdrängt. Aber wie es aussah mussten wir nun ran. Also Titten auf den Tisch und alles wie üblich: Jens angerufen, Panik gemacht, verabredet um was auszuarbeiten. Bis dahin lief der Plan recht gut. Wir haben uns dann sogar getroffen und schweren Herzens begonnen was zu schreiben, aber irgendwie, zumindest von meiner Seite aus, eher schlecht als recht. Zwei Tage später las ich mein Skript zur Sicherheit nochmal und musste feststellen, dass es so ziemlich das schlechteste war, was ich in der letzten Zeit zu Papier gebracht habe. Also habe ich mich geärgert und meine Wut über mich selbst als Motivation genutzt um den ganzen Schmodder nocheinmal zu schreiben. Diesmal hat es etwas länger gedauert, war allerdings qualitativ auch von wesentlich höherem Wert.

Am gleichen Abend kam Jens vorbei um hier zu nächtigen und mit mir am nächsten Morgen nach Haderwijk zu fahren und Lehrer zu spielen. Wir hatten uns fein säuberlich eine Routenbeschreibung ausgedruckt und sind frühzeitig losgefahren. Alles also bestens geplant. An der Schule angekommen suchten wir erstmal das Lehrerzimmer und jemanden, der für uns zuständig war. Der liebe Herr Erik van Pijkeren war allerdings ein wenig spät dran, was schon zu anfänglicher Beunruhigung führte. Kurz vor Stundenbegin und unserem ersten großen Auftritt kam dann ein junger Mann Anfang dreißig auf uns zugehechet und stellte sich als Erik vor. Das war also der Mann. Cool. Ich hätte mir eher einen alten, bösen Lehrer vorgestellt. Aber nein. Jung und voller Energie stand er vor uns und verlieh seiner Freude über unsere Anwesenheit offenkundig Ausdruck.

Es handle sich um seine Philosophie-Klasse und es sei eine kleine, aber stets interessierte Gruppe. Wir bräuchten keine Angst zu haben. Diese nahm auch deutlich ab während wir so mir Erik sprachen. Wenn der also vor der Klasse stehen konnte, dann konnten wir das auch. Viel älter als wir, war er ja nicht.

Wir waren ein bisschen früher in der Klasse als die Schüler, oder besser die Schüler waren ein bisschen später da als sie hätten sein sollen. Wie auch immer, wir hatten jedenfalls Zeit genug um einen Stuhlkreis zu formen um das Lehrer-Schüler-Verhälnis ein bisschen abzuschwächen.

Und dann kamen sie. Die Schüler. Einer nach dem anderen kam rein, guckte verdutzt, setzte sich verunsichert und starrte Jens und mich an. Stets mit der gleichen Frage im Gesicht geschrieben: „Was wollen die von uns?“

Unser Erik gab eine kleine Einleitung als in seinen Augen genügend Schüler anwesend waren um zu beginnen. Er erzählte den Jungs und Mädels, dass der Kai und der Jens aus Deutschland kämen (Ein Raunen geht durch den Saal – Fußballassoziationen bei den Jungs werden hervorgerufen – schlechte Ausgangsposition...) und heute was über ihr Schaffen in den Niederlanden erzählen möchten. Die Laune der Schüler besserte sich merklich als ihnen klar wurde, dass das bedeutete: Kein Unterricht.

Erik gab uns grünes Licht.

Es ging los. Kai fängt an.

Es hieß die Meute für mich zu gewinnen. Noch sind sie kritisch. Wissen noch nicht, was du ihnen verkaufen willst und ob sie dir trauen können.

Ich beginne mich vorzustellen und zu erklären, was ich hier in Holland mache. Dass ich als Freiwilliger in Barneveld lebe in einer sogenannten Leefgemeenschap „De Bondgenoot“. Das klang ihnen ein bisschen nach Gutmensch, der gutes tut und jetzt missionieren geht. Ich begann den „Keinen Unterricht-Bonus“ zu verlieren... Aber es war noch nicht zu spät. Als ich dann darauf zu sprechen kam und erklärte, dass ich in Deutschland dienstpflichtig bin und verweigert habe um ein Jahr im Ausland zu verbringen, kam das große „Ahso! Wenn das so ist...“ Und ich hatte ihr Gehör wieder. (Ich muss dazu sagen, dass es in Holland keine Wehrpflicht mehr gibt und die Schüler das Modell mit verweigern und Zivi machen nicht kennen.) Der Spieß begann sich zu drehen. Das Interesse wuchs und es kam zu einer anregenden Diskussionsrunde über das Freiwilligenleben. Auch Jens machte seinen Part gut. Er ging mehr auf sein Projekt in Arnhem ein und auf seine individuellen Erfahrungen mir seinen Mitbewohnern und den Klienten ein. Der Vortrag wurde ein voller Erfolg. Sogar das unüberhörbare Klingelzeichen wurde einige Minuten ignoriert (!) und das will sicher was heißen. Wenn ich mal an meine Unterrichtszeit zurückdenke. (Diese endete übrigens diese Woche vor einem Jahr).

Nach unserem fantastischen Start fragte Erik uns wie wir die Zeit bis zur 5. Stunde, in der wir unseren nächsten Vortrag hatten, umbringen wollen. Wir wollten gerne eine Deutschstunde besuchen und Herr van Pijkeren organisierte einen Deutschlehrer, der und mitnehmen würde. Dieser stürme auch gleich enthusiastisch auf uns zu und freute sich wie ein kleines Kind. Er schlug vor, seinen Unterricht umzuschmeißen und spontan eine Fragestunde einzurichten. Also die Schüler sollen an uns Fragen stellen. Einfach frei Schnauze um sprechen zu üben. Coole Sache. Passieren konnte uns jetzt nichts mehr. Ich meine nach der erfolgreichen ersten Stunde liefen wir schon mit breiten Schultern durch die Gegend und jetzt sollten wir auch noch Unterricht in unserer Muttersprache halten. Kein Problem!

Wir stellten uns wieder vor und ließen die Kinder alle Fragen stellen, die sie sich nur denken konnten. Wieder kam nach einigen Minuten der Unsicherheit und Verwirrung eine wirklich lustige Runde dabei raus. Die Fragen gingen von: Wie findest du Holland, bis zu: Welches ist deine Lieblingssorte Gras. (Der Konsum wurde mal vorausgesetzt...)

Sehr locker also alles.

Das ging den Tag so weiter und wir verabredeten uns mit dem Deutschlehrer für morgen vierte Stunde. Das gleiche mit ner anderen Klasse.

Also lümmelten wir wieder nach Hause, jetteten noch in Amersfoort vorbei, auf der Suche nach einem Geschenk für Jens' Vater und fuhren dann nach Hause.

Am nächsten Tag waren wir morgens schon etwas später dran und verpassten aufgrund eines mächtigen Staus auch noch die erste Stunde. Die Busse streiken hier in Holland und so ist es noch voller auf dem Snelweg als üblich. Naja. Das war dann im Endeffekt alles halb so schlimm. Hatten wir eben unseren ersten Vortrag in der zweiten Stunde. Auch unsere Deutschstunde war wieder zucker. Der Herr Lehrer lud uns sogar ein bei dem Austauschprogramm mit einer Schule aus Osnabrück teilzunehmen in drei Wochen und mit ihnen vielleicht nach Amsterdam zu fahren. Das Angebot nehmen wir natürlich gerne und dankend an, doch darüber muss noch gesprochen werden.

Alles in allem erschien mir das jedoch eine ziemlich gelungene Aktion geworden zu sein. Ich glaube ich werde doch Lehrer...


Nein. Niemals ;)



Ich hoffe, euch hats auch gefallen und ihr lest fleißig uns treu weiter.....



Bis zur nächsten Maus,



Kai

Dienstag, 22. April 2008

Met een lach en een traan

Servus!


Da bin ich wieder. Diesmal etwas schneller als sonst, aber ich muss unbedingt von meinem letzten Wochenende berichten.

Machen wirs der Reihnfolge nach und beginnen am Freitagabend.

Ich setzte mich in den Zug nach Den Haag. Dort sollte ich der Überraschungsgast auf Tibors Geburtstagsfete werden, ohne das eigentlich vorher zu wissen. Es ist nicht so, dass ich nicht eingeladen gewesen wäre und mich aufgedrängt hätte, nein nein. Vielmehr habe ich mich absichtlich nach seiner Einladung nicht mehr bei ihm gemeldet und alle Verabredungen mit Johannes, seinem Mitbewohner, getroffen. Tibor wunderte sich also den ganzen Tag lang, warum die Leute Bier für Kai gekauft hatten, was er nicht trinken durfte, wenn der Kai doch garnicht käme.

Tja. Gegen viertel nach neun war es dann soweit. Der Kai war da um sein Bier zu trinken und der Tibor hat sich gefreut.

Ich traf eine ganze Meute von Leuten an, die alle angereist waren um Tibor zu befeiern. Da waren zum Beispiel Winnie (De Glind), Lena (Arnhem), Johannes (Den Haag), Jens (Arnhem) und insbesondere natürlich Judith (Maastricht), deren Bekanntschaft ich sehr genossen habe dieses Wochenende ;)

Wir saßen gemütlich beisammen und es gab Speis und Trank. Wir entschieden uns den Abend feiern zu gehen und uns aber schon zu Hause vorzuglühen. Bis auf Jens. Der beschloss wohl unterbewusst sich schon völlig abzuschießen. Es flossen die verschiedensten Spirituosen und der Spaßpegel begonn sich zu heben. Gegen spät machten wir uns also dann auf in die Innenstadt. Ziel war der Club „Havana“ gegenüber vom Binnenhof.

Blöderweise verlor Lena auf dem Weg dorthin ihren Perso und deshalb wurde es eine kurze Feierei für sie. Ohne Perso keinen Einlass und ohne Einlass keine Party. Doof.

Wir, also der Rest, hatten unseren Spaß und unsere Mühe Jens vom Alkohol los zu bringen, weil eigentlich niemand wirklich Lust hatte mit ihm in einer halben Stunde wieder nach Hause zu gehen, weil der Herr sich übergeben muss. Aber sein Pegel normalisierte sich nach einiger Zeit, weil er sich streng an H2O hielt, wie wir ihm befahlen.

Den Rest des Abends tanzten wir und hatten wir Spaß. Feine Sache also.


Samstag wurde lang geschlafen. Als wir es dann endlich geschafft hatten uns aufzuraffen und aufzustehen beschlossen wir nach Delft zu fahren. Das ist eine Stadt in der direkten Nachbarschaft von Den Haag, die für ihre TU und für das Familiengrab der niederländischen Königsfamilie bekannt ist. Noch interessanter als das fand ich jedoch den Antik-Flohmarkt, der in der Stadt war an jenem Samstag. Das war fein. Allerlei alte Vor- und Nachkriegssachen zu den unmöglichsten Preisen. Ich steh ja auf so alten Kram...

Tibor und Lena kamen später, weil Lena noch zur Polizei musste, wegen der Perso-Geschichte.

Wir gingen was trinken und ließen uns die Sonne auf den Kopf scheinen, die hier in Holland schon seit einiger Zeit recht konstant ihr Gesicht zeigt.

Der Samstagabend läutete dann ganz allmählich den eigentlichen Höhepunkt des Wochenendes ein. Das DFB-Pokalfinale. Wir kaufen noch Chips und andere Knabbersachen ein und lümmelten uns vor den „gigantisch großen“ Fernseher in der Den Haager WG.

Sonntagmorgen galt es früh wach zu werden und die immer schlimmer werdende Erkältung in meinem Inneren zu ignorieren. Dafür war jetzt keine Zeit. Es ging nach Amsterdam. Natürlich verpasste ich meinen Zug in Den Haag um etwa 23 Sekunden und so musste ich über Leiden fahren. Als ich dann dort in den Zug nach A'dam umstieg, war es schon laut zu vernehmen: Hup Hup Ajax! Die Fanhorden rotteten sich langsam aus allen Teilen des Landes zusammen und zogen gemeinsam in Richtung Amsterdam ArenA. Es war an der Zeit Kampioen zu werden. Das erste mal wieder nach 4 Jahren PSV. Den Säcken wollten wir es zeigen. Scheiß Eindhoven. Dazu musste Ajax nur einen Sieg holen gegen Heracles Almelo und Vitesse Arnhem musste PSV schlagen. Das konnte ja nun nicht so schwer sein.

Doch ich musste, in Amsterdam angekommen, erstmal im MissionHouse Erjo und Robbert abholen. Wir zogen uns noch einen gemütlichen Kaffee rein und machten uns dann auf den Weg zur ArenA. Dort mussten wir uns einreihen in die Schlangen, die auf Einlass warteten. Wir holten uns noch was zu Essen im Stadion und betraten dann das Herz der ArenA. 50.139 Menschen. Und alle am schreien. Und davon so ziemlich genau 139 Almelo-Fans. Mann, war ich froh das richtige Trikot anzuhaben. Das Spiel ging los und schon nach vier Minuten tobte die Menge bei dem 1-0 für Ajax. Bombastisch! Es sollte keine 13 Minuten dauern, bis die Herrn aus Amsterdam auf ein 2-0 erhöhten. Ich gab Zwischenbericht per SMS an Jens und Erjo hörte über Mp3-Player-Radio wie es in den anderen Stadien steht. Vitesse und PSV spielten zeitgleich. Es war ein super Spiel und wir droschen die Gäste mit 5-1 vom Platz. Doch dann plötzlich die Nachricht: PSV geht in Führung. WAS? Nein! Ruhe im Stadion. Doch halt, wer sang da noch? Ganz leise in der Weskurve? Die Jungs von Heracles! 139 Stimmen: Ole Ole PSV. Die Säcke. Das nennt sich, glaube ich, Schadensfreude.

Dann Unruhe. Schlägerei bei der F-Side. Das ist so der harte Fankern der Ajacieden, also der Ajaxfans. Die könnens halt nicht lassen, wenn was schief läuft. Und dann reagierte das Stadion: „Laat jou club ma in de steek...!“ Sangen die Chöre, was soviel heißt, wie: „Lass deinen Club mal (nicht) im Stich“

Feiner Zug muss ich sagen.

Es blieb ein gutes Spiel, wenn sich auch leider das Ergebniss in Arnhem nicht änderte und es am Ende nicht für die Kampioenschap gereicht hat. Aber mehr hätten wir an diesem Tag nicht tun können als Almelo mit 5-1 zu völlig deklassiert nach Hause zu schicken.

Es gab nach dem Spiel noch die Verabschiedung von John Heitinga, einer Amsterdammer Größe aus der eigenen Jugend. Er verlässt nach 17 Jahren den Club und wechselt zu Atletico Madrid. Doch er komme wieder. Das verspreche er. Laute Lobesgesänge folgten: „Bedankt Johnny.-Johnny Bedankt!“ klang es von den Rängen und der F-Side, die sich inzwischen auch wieder beruhigt hatte.

Wir flossen mit der Masse in Richtung Amsterdammer Innenstadt und chillten uns mit nem Bierchen an die Gracht. Die Sonne blieb. Robbi kochte und es gab lekkeren Stampott.

Danach gingen wir noch ein bisschen kicken in der Gartenanlage Amstelrank rund um das MissionHouse. Gegen Abend war dann für mich auch die Zeit gekommen mal wieder Barneveld auzusuchen, wenn ich es denn noch finden sollte. Das tat ich dann glücklicherweise auch. Wenn auch erst in später Nacht.


Das war doch mal ein absolut ausgereiztes Wochenende.


Vielleicht hattet ihr beim Lesen auch ein bisschen Spaß.

Dann schreibts mir doch!



Es grüß mit einem lauten Hup Hup Ajax,


Kai

Mittwoch, 16. April 2008

Eine Reise nach Bombay

Ich sitze wieder hier, blättere in meinem Kalender und sinniere vor mich hin. Was gibt es zu berichten? Passiert ist viel. Davon gehört aber nicht alles in einen Blog. Anderes passiert erst noch und ich freue mich jetzt schon drauf. Was übrig bleibt will ich niederschreiben. Doch wo beginne ich? Dass ich in Belgien war, wisst ihr schon. Wie gings weiter? Achja.

Ich habe mich mit Henk, dem Herrn von meiner Organisation „ICCO“, getroffen um nocheinmal über die Tomi-Geschehnisse zu reden. Mal jemand von offizieller Seite und erste Quelle. Das wars mir wert die Reise nach Amersfoort auf mich zu nehmen. Wir setzten uns in eine Kneipe in der Nähe des Bahnhofs und es gab Bier auf seine Kosten. Schonmal eine gute Ausgangssituation für ein ertragreiches Gespräch. Erfahren habe ich leider wenig Neues. Und rauszukriegen, was er momentan treibt und wo er sich aufhält in Ungarn ist auch schwierig. Ich will hier nicht im Detail auf das Gespräch eingehen, doch erscheint es mir, als höre ich von jeder Seite, die ich befrage eine andere Geschichte, was seine momentane Situation angeht. Wo lebt er? Woher bekommt er Geld? ICCO sagt das eine, er etwas anderes. Ein Grund, warum einer von beiden die Unwahrheit erzählen sollte, fällt mir nicht ein. Ich könne hinfliegen und mir die Sache selber angucken. Oder aber auch nicht. Sicher ist zumindest, dass Bemühungen im Gange sind, dass der Junge in ein Projekt nach Deutschland kommt. Mal gespannt ob und wann das klappt. Viel mehr kann ich von hier leider auch nicht machen, als mich zu informieren und zu versuchen rauszubekommen, was nun Sache ist. Das habe ich versucht. Jetzt heißt es warten.

Letzten Mittwoch war die Gelderlandgroep zu Besuch hier in Barneveld. Wir, die Freiwilligen in Gelderland, besuchen uns in diesem Jahr alle gegenseitig einmal im jeweiligen Projekt um zu sehen, was der Andere eigentlich den ganzen Tag lang so macht. Und diese Woche war ich dran. Winnie, Anne-Wil, Jens, Joshi, Judith, Anna-Lena, Zita, Mirjaam und Monika wackelten also am Mittwoch an um sich vom Kai eine Führung durch sein Reich geben zu lassen. Ich ließ mich unterstützen von Whoopy, die noch etwas über die Geschichte und die jüngsten Veränderungen im Projekt erzählte. Also das, was unmittelbar vor meiner Zeit hier geschah.

Ich hatte durch Zufall mitbekommen, dass es wohl mal einen Bericht im niederländischen Fernsehen über De Bondgenoot und das Leben der Menschen hier gab und dass den jemand aufgenommen hat. Die Chance habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen, mir den Film unter den Nagel gerissen und ihn der Gruppe vorgefüht. Ich glaube das kam ganz gut an. Nach der Vorstellung gab es dann noch Stampott, das holländische Nationalgericht. Was ganz feines, wenn ihr mich fragt. Nach dem Abwasch setzten wir uns noch ein bisschen zusammen und schwätzen. Unter anderem kam die Frage auf, was wir Tomi, dem Ex-Mitglied der Gelderlandgroep, zum Geburtstag schenken. (Er hatte am 10.4 und wurde 21) Wir einigten uns darauf ihm eine Karte zu schicken. Hoffentlich erreicht die ihn auch. Es ist ja, wie ich bereits erwähnte, momentan nicht ganz klar, wo er sich befindet. Ungarn, ja. Aber wo?

Jetzt von Freitag auf Samstag, war Jens da. Wir machten uns einen Männerabend, wie er im Buche steht. Also viel Bier und fiese Witze. Ich glaube nähere Erläuterungen sind hier nicht erwünscht... ;)

Samstag war dann ein reiner Wellness-Tag. Nach einer langen Nacht, schliefen wir schön aus und betrachteten das Mittagessen hier mit allen einfach mal als Frühstück. Danach ging es in die Sauna und ins Solarium. Ich habe beschlossen diese Möglichkeiten, die mir das Projekt hier bietet viel öfter in Anspruch zu nehmen. Nach 2 Saunagängen und kalter Dusche, war es dann Zeit einzukaufen und sich was gutes zu kochen. Wir stellten uns meinen Laptop in die Küche, hörten Bundesligaradio und machten uns ans schneiden und praten. Chili con Carne sollte es geben. Aber gutes. Ich glaube mit recht sagen zu können, dass uns das auch gelungen ist. Und jetzt zog Werder die Schalker auch noch mit 5-1 ab. Was hätten wir uns sonst noch wünschen können? Vielleicht, dass der HSV nicht gegen Duisburg verliert, aber das war Jens' Problem :)

Am Sonntag ging es mit der neu gegründeten Jugendgruppe der Kirche hier nach Amsterdam ins Tropenmuseum. Klingt langweilig, war es aber nicht. Das Museum beschäftigt sich mit allerlei Volksstämmen aus Afrika und Asien. Wir hatten die Bombay-Tour gebucht. Das heißt, wir bekamen eine Führung duch einen Trakt, der normalen Menschen, die diese Tour nicht gebucht haben, nicht zugänglich ist. Das faszinierende war, dass in besagtem Trakt das ehte Bombay nachgebaut war. Das heißt natürlich nur ein kleiner Teil in Originalgröße, so wie es dort tatsächlich aussieht. Man konnte in eine Straßenbahn einsteigen und bekam die Hitzte und die Enge mit all den anderen Menschen zu spüren. Man konnte in Häuser gehen und die Zimmer durchsuchen. Anfassen war erlaubt. Jede Schublade aufziehen und entdecken, was sich dahinter versteckt. Man konnte ein „Wohnzimmer“ der indischen Unterschicht betreten und sich auf die Betten legen, auf denen die Menschen dort nächtigen. Zwischen Wellblech und Räucherstäbchen. Auch ein Kino gab es, indem ein Bollywood-mäßiger Film lief über ein Mädchen mit nur einem Bein, das Tänzerin werden will. Anhand ihrs Beispiels wurde die ganze Führung aufgebaut. Wirklich klasse.


Danach ging es mit den Jungs und Mädels noch an den Strand. Ijburg ist eine Insel in Amsterdam. Hauptsächlich Neubaugebiet. Doch es entsteht dort gerade ein neuer Strand,von dem man bis nach Flevoland blicken kann. Leider war das Wetter suboptimal. Ich habe Bilder gemacht, die ich online stellen werde in den nächsten Tagen. Ein Blick lohnt sich.


Nächste Woche geht’s auf das Spiel Ajax Amsterdam – Heracles Amelo.

Ihr dürft gespannt sein, was der Kai dann zu berichten hat.

Hoffentlich brennt die Arena nicht ab, so wie das Groningen Stadion letzte Woche...



Es grüßt,


Kai