Donnerstag, 5. Juni 2008

NT2, der Kai und Ameland im Mai


Hossa!


Ich hab ihn hinter mir! Den Test der Tests. Nederlands als tweede taal (kurz NT2). Das ist der Sprachtest, den man machen muss, um bei einer niederländischen Universität zugelassen zu werden. So ziemlich das höchste der Gefühle, was man so machen kann. Ihr erkennt sicherlich aus meinen protzenden Worten spricht voller Stolz. Endlich hab ich das Ding hinter mir. Jens und ich haben uns dieser zweitägigen Herausvorderung am 21. und 22. Mai gestellt. Es galt sich in vier Karegorien prüfen zu lassen. Lesen, Sprechen, Hören und Schreiben. Abgenommen wurde der Spaß in Utrecht. Da saßen wir dann in einer Art Großraumbüro. Jeder in seinem abgetrennten Bereich mit Headset auf vor einem Computer eifrig die Aufgaben am Beantworten. Was kann ich sagen? Leicht wars nicht, aber machbar. Das klingt ziemlich nichtssagend, ich weiß. Trotzdem beschreibt es am genauesten das geforderte Niveau, finde ich.

Kaum war der Test am Nachmittag des 22.5 vorbei, fühlte ich mich völlig fertig. Als hätte ich vier Nächte nicht geschlafen. Komisch. Jetzt müsste doch gefeiert werden?! Aber irgendwie war mir nicht danach. Also holten wir (Jens und ich) uns ein Bier bei Albert Heijn (einem Supermarkt) und setzten uns an den Bahnhof, um auf unseren Zug zurück zu warten. Ich schäme mich schon ein bisschen für diese unspäktakuläre Aktion, aber was will man machen, wenn man sich wie tot fühlt? Lieber schlafen als saufen, oder?

Außerdem sollte es ja am folgenden Tag nach Ameland gehen. Das ist eine, oder besser die Ferieninsel in Norden Hollands. Der eine oder andere wird davon vielleicht schon mal was gehört haben. Es war geplant auf Ameland mit ein paar Freiwilligen einen Caravan zu mieten und ein paar schöne und sonnige Tage am Strand zu verbringen. Also dachte ich mir, ich gebe mich heute mal meiner Müdigkeit bedingungslos hin und schlaf mich aus, um dann auf Ameland schön fit zu sein und mich zu erquicken.

Das war der Plan.

Es kam allerdings so:

Folgender Morgen: Kai steht auf, sein Wecker klingelt. Eigentlich hätte er noch einhundert Stunden weitergeschlafen, aber sein Wecker sah das anders und so mussten 12 genug sein. Es galt noch ein paar Stündchen zu arbeiten und sich dann gegen drei auf den Weg nach Leeuwarden zu machen. Das ist eine Stadt in Friesland. Dort wollte ich mich mit Jens treffen, um mit ihm weiter Richtung Norden zu reisen und dann auf die Insel zu schippern. Das klappte theoretisch auch recht gut. Nur nach Zwolle überkam mich wieder diese lähmende Müdigkeit und ich zog meinen Pulli aus, formte ihn mit Sorgfalt zu einem kleinen blauen Kissen und legte meinen Kopf darauf um ein wenig zu schlummern. Ihr denkt jetzt sicher zu wissen was kommen muss, das kommt. Kai verpasst seine Station. Aber nein. Leeuwarden war die Endstation. :) Sonst wäre das sicher passiert. Ganz sicher.

So schmissen sie mich nach anderthalb Stunden raus und ich rief im Halbschlaf Jens an, wo er denn jetzt stecke, wir wären doch verabredet. Kurz darauf stand er vor mir. Pünktlich diesmal. So kennt man ihn garnicht.

Wir checkten wann der Bus Richtung Küste abfährt.

In über einer Stunde.... Also erstmal was trinken gehen. Wir eierten mit unserem Gepäck ins erstbeste Lokal und ich orderte mir was gesundes. O-Saft. Schwul, ich weiß. Aber ich hatte wirklich Lust drauf. Echt jetzt.

Pünktlich zehn Minuten vor Ankunft des Busses bauten sich Jens und Kai an der Haltestelle auf. In der festen Überzeugung sicher die Ersten zu sein. Doch weit gefehlt. Etwa zweihundert leicht bekleidete, braun gebrannte und gut aussehende junge Leute mit den verschiedensten Surfbrettkonstruktionen unterm Arm hatten die gleiche Idee wie wir. Auf nach Ameland! Der kluge Mensch weiß, dass ein Bus maximal 50 Sitzplätze hat. Wenn dieser dann auch noch rechnen kann (also der Mensch, nicht der Bus), erkennt er, dass diese 200 bunten Wesen sicher nicht alle in dem Bus platz und schon garkeinen Sitzplatz finden werden. Es galt sich also erbittert duchzusetzen. Zusätzlich war dies auch noch der letzte Bus am heutigen Tag zur Fähre. Es bahnte sich also ein wirkliches Problem an. Man rangelte und drängelte schon lange bevor der Bus in Sichtweite war. Aber Kai und Jens hatten einen Masterplan. Eine List sollte uns zu einem Sitzplatz verhelfen. Wir drängten uns nicht in die erste Reihe, wie alle anderen, sondern stellten und an der richtigen Stelle im Pulk auf. Wenn auch in einer der hinteren Reihen. Aber so, dass die vordere Bustür direkt auf unserer Höhe ihre Schleusen öffnete. Und so waren wir ziemlich vorne bei der Platzvergabe dabei und ergatterten sogar noch zwei Plätze zum sitzen! Mit einem fröhlichen „HaHa!“ auf den Lippen ratterten wir einige Minuten später los in Richtung Küste. Das Fahrzeug glich einem Hippiebus. Viel zu viele Menschen drin, von innen durch all die gewagt Gekleideten durchweg bunt und selbst der Bus passte in die Zeit. So ein Uralt-Ding aus silbernem Wellblech und roten Ledersitzen. Sehr stylisch.

Wenn ich nur nicht so müde gewesen wäre... Was war nur los?

Jens und ich begannen auf der Fahrt, die doch um einiges länger war als erwartet, nach geschätzter Minute 324 an, deutsche Fußballieder zu singen.

Sehr zum Vergnügen des Surfer-Hippiemädchens uns gegenüber. Verstanden hat sie nichts, aber mitgesungen. Das lob' ich mir! Der Rest guckte ein bisschen komisch. Naja.

Nach etwa ganz langer Zeit kamen wir dann endlich am Fährhafen an. Wieder mussten wir uns in eine kilometerlange Schlange anstellen. Irgendjemand erklärte uns dann, dass auf unserer Zielinsel ein großes Festival stattfand. Darum all die vielen gutgelaunten Menschen. Jetzt wurde mir einiges klar. Um nicht während dem Anstehen einzuschlafen, zettelte ich mit Jens eine Diskussion an, wie wir der Schalterfrau, die die Tickets für die Fähre verkaufte, am Besten weis machen könnten, dass wir über 65 sind und deshalb den 65+ Tarif nutzen können um Geld zu sparen. Aber die dämliche Dame an der Kasse wollte uns kein Wort glauben. Ich versuchte es dann mit dem Hundetarif. Auch davon wollte sie nix wissen. Und das obwohl sie später zugab, dass sie mir den noch am ehesten verkauft hätte...

Das muss an meinen Augenringen gelegen haben.

Was folgte waren anderthalb Stunden auf einer unglaublich überfüllten Fähre. Wir quetschten uns auf eine Bank im „Restaurant“ des Schiffes und ich musste das unerträgliche Geschwätz eines Holländers ertragen, der mit seiner unfassbar lauten Froschstimme unerbitterlich auf seinen Freund einhämmerte, welcher aus Selbstschutz immer wieder mir einem „JaJa“ in Zimmerlautstärke antwortete. Nachdem die Beiden dann vier Bier geleert, Jens sein Sudoku gelöst hatte und ich beinah ausgerastet wäre, kamen wir im Zielhafen an und drängten uns nach draußen.

Wieder ging es in einen Bus. Diesmal aber ohne Hippies. Wir überqueerten einmal die Insel und erreichten das Örtchen Hollum. Da wollten wir hin. Auf den Campingplatz Boomhiemke. Da waren wir nun nach einer weiteren dreiviertelstunde reisen.

Ich war am Ende.

Kristin holte uns von der Bushaltestelle ab. Ich dankte Gott. Endlich ein bekanntes Gesicht. Zeichen der Ankunft und der Ruhe. Auf dem Weg zu unserem gemieteten Caravan witzelte ich schon ein bisschen zynisch über erwartete Größe und Kompfort. Mein Zelt hatte ich sicherheitshalber schonmal mitgenommen. In einem Wohnwagen mit 10 anderen übereinander zu schlafen. Nein, das musste jetzt nicht mehr sein.

Tja. Und da stand er nun. Der Caravan. 15 Meter lang, ein reisiges Wohnzimmer mit Karmin und Fernseher, zwei Schlafzimmer, Küche und Bad.

Ich hatte Mühe meinen Mund zuzukriegen.

Mann, was ein Prachtexemplar von einem Trailer. Und das für wenig Geld. Langsam begann ich mich auf den Abend zu freuen. Die anderen kamen später noch auf die glorreiche Idee nachts zum Strand zu gehen, um die Atmosphäre zu genießen, aber ich fühlte mich derart komisch, dass ich es vorzog mit Kristin da zu bleiben und mir eine Kochsendung vor dem Karmin mit ihr anzusehen. Dort kochte unter anderm der Koch der Deutschen Nationalmannschaft, der coolerweise mit Nachnamen Stromberg heißt. Der Abend verging wie im Fluge und ich ging früh schlafen.

Und dann kam es. Der Grund, warum ich mich schon die Ganze Zeit so nach Ruhe und Bett sehnte.

Das Fieber.

Ach du scheiße. Die Nacht war Himmel und Hölle zugleich. Auf der einen Seite war ich froh endlich in einem Bett zu liegen, auf der anderen Seite kochte ich und fror gleichzeitig. Eine Qual... Es ging mir echt dreckig die Nacht...

Am nächsten Morgen war es schon ein bisschen besser, aber von gut war nicht zu sprechen. Dafür schien die Sonne. Auch was wert. Es windete unheimlich, doch es war schön warm. Wir beschlossen an den Strand zu wandern um dort den Tag zu verbringen. Also verließen wir unser Luxusdings auf Rädern und machten uns auf durch die Dünen und Deiche zum Wasser. Wirklich traumhafte Landschaft da. Besonders der Leuchtturm, der nachts den Campingplatz in regelmäßigen Abständen mit seinem Licht streifte, hat es mir angetan.

Es muss ein bisschen lustig ausgesehen haben, wie ich da so vollkommen bekleidet, weil noch ein wenig fiebrig, mitten in der Sonne am Strand im Sand lag und alle Viere von mir streckte. Ich glaube davon gibt es sogar Fotos. Ich war absolut zufrieden. Alles was ich brauchte hatte ich. Luft zum atmen, Sonne, Wasser, Bikinis und keinen Grund mich bewegen zu müssen. Dafür hat sich die ganze Action am vorigen Tag gelohnt.

Der Kai begann sich zu entspannen...


Gegen Abend wurde es dann aber wieder etwas schlimmer und so rettete mich der Eurovision Songcontest. Wirklich homo, ich gebs zu, aber zu mehr war ich beim besten Willen nicht fähig. Alles andere hätte keinen Spaß gebracht und dann hätte ich den anderen den Abend versaut. Und so wars ja dann auch nicht gedacht...

Der Sonntag war dann ziemlich verregnet. Aber das machte ja nichts, weil es dem Kai ja nun wieder besser ging. So wie sich das gehört. Am Ende des Urlaubs fit werden. Nunja.

Wir gingen schwimmen. Nein, nicht im Meer, sondern im Schwimmbad des Platzes. Das Becken war nicht wirklich späktakulär, aber wir machten uns Spaß. So begannen wir beispielsweise mit allerlei Schaumstoffschwimmhilfen ein Floß zu bauen. Das war uns eine Freude... ;)

Abends saßen wir in geselliger Runde zusammen in unserem Mega-Ultra-Wohnzimmer und spielten Trinkspiele. Montagmorgen gab es dann noch ein ausgebreitetes Frühstück und dann machte man sich in Gruppen über den Tag verteilt wieder auf den Rückweg.

Ich dankte Gott als ich nach erneuten 7 Stunden Reise endlich zu Hause in Barneveld in meinem Bett lag und die Augen schloss.

Wieder was erlebt. Wenn auch diesmal mit Haken.


Ich freue mich aufs nächste Mal, dann bin ich wieder fit, versprochen.



Es grüßt aus Hollands' Herzen,



Kai


1 Kommentar:

Amelandurlaub hat gesagt…

Ja, da ist was dran. Ameland ist zu gewissen Tagen sowas von beliebt, man wird fast totgetreten. Trotzdem, irgendwann verschwindet der Pulk und man kann sich auf der Insel herrlich erholen oder sonstigen Exzessen hingeben, die man letztlich als Erholung empfindet. Und an eben diesen Tagen wäre es schon praktisch, führe mal eine Fähre mehr nach Ameland.