Dienstag, 24. Juni 2008

Seminar Holland die Dritte oder auch: Johanna und sein wallendes Haar

Hallo liebe Liebenden...


Es ist wieder einiges geschehen, was ich euch nicht verheimlichen möchte. Ich habe das „End of Service“ Seminar hinter mir. Das letzte in den Niederlanden.

Aufbruchsstimmung macht sich breit. Es geht um Abschied. Die EVSler, also die Mädels unserer (wirklich tollen) Freiwilligengruppe, packen in diesen Tagen langsam ihre Sachen um die endgültige Reise nach Hause anzutreten. Eine Reise, die mir in acht Wochen bevorsteht und auf die ich mich schon freue. Aber ich will nicht so viel über Abschied und Tränen sprechen, sondern ein wenig berichten, was denn da auf diesem Seminar und drum herum so alles passiert ist.

Los ging es, wie man sich sicher denken kann, mit der Anreise. Jens und ich schimmelten mehr oder minder motiviert gegen 16.00 des vergangenen Samstages mit dem Auto nach De Glind, dem Nachbardorf von Barneveld, wo auch schon das letzte Seminar stattfand. Wir waren müde. Sehr müde. Am Vortag, oder besser der Vornacht zelebrierten nämlich wir den niederländischen Fußball gegen Frankreich beim Public Viewing in Rotterdam zusammen mit geschätzten hunderttausendmillionen Holländern, die vom Auftreten von Oranje mindestens genauso geflasht waren wie Jens und ich. Schon sehr porno, wie die Jungs da den Welt- und Vizeweltmeister weggebomt haben... Respekt. In Rotterdam zweifelte in dieser Nacht niemand mehr, wer letztendlich Kampioen werden würde.

Niemand. Um ehrlich zu sein, waren auch wir schon fast überzeugt, dass diese Mannschaft einen ernstzunehmen Gegner für die DFB-Auswahl im Finale darstellen könnte.

Doch genug des Fußballs bis hier. Später mehr...

Man versammelte sich also in De Glind um ein schönes und lehrreiches letztes Seminar zu haben und die letzten Stunden zusammen zu genießen.

Auf dem Programm für die nächsten Tage standen allerlei Aufgaben und Übungen das vergangene Jahr zu evaluieren und auszuwerten und ein sogenanntes „Survivaltraining“. Dieser Begriff und die dafür eingeplanten acht Stunden heizten natürlich die Spekulationen in unserer Gruppe an, was es damit wohl auf sich haben könnte. Survival? Für was? Das Jahr haben wir doch schon fast hinter uns? Was gäbe es da noch zu survivaln? Wenn man sich nun die geografische Lage von De Glind ansieht, kommt einem ein ganz anderer Gedanke. De Glind liegt sehr ländlich. Quasi in Hollands Outback. Die pure Wildnis drumherum. Die Metropole selbst hat geschätzte 150 Einwohner und eben uns, die da eine nette Woche verbringen. Der von uns so viel diskutierte Begriff des Survivaltrainings könnte also recht wörtlich gemeint sein. Mit Spannung warteten wir den vergangenen Montag ab.

Früh klingelte der Wecker. Alles strömte in die Duschen des YMCAs indem wir nächtigten. Beim Frühstück begann das Survival. Wer bekommt das letzte Brot fürs Lunchpaket? Wer wird genügend Essen dabei haben um zu überleben? Um ganz-früh-Uhr versammelten wir uns dann alle vor dem YMCA und wurden ein Stück die Straße entlang und dann in den Wald begleitet. Jeder von uns bekam einen kleinen Umschlag mit vier Blättern und vier Aufgaben. Jede Aufgabe war mit einem anderen, frei wählbaren, Partner zu bewältigen. Der erste Teil bestand aus einer Wanderung durch den Wald.

Ich beschloss die erste Etappe mit Jens zu meistern. Wir bekamen eine schlecht gezeichnete Karte in die Hand und wurden losgeschickt „Punkt Nummer 20“ auf der Karte zu finden. Auf dem Weg dorthin bekamen wir Fragen gestellt (Die standen auf den Aufgabenzetteln) deren Antworten wir auf dem Weg diskutieren sollen. Es drehte sich hauptsächlich um das Erlebte des letzten Jahres. Das jetzt alles im Detail wiederzugeben würde an dieser Stelle zu weit führen.

Tief ins Gespräch vertieft stöberten Jens und Kai also durch den Wald. Wirklich einen Pkan, wo wir hin mussten, hatten wir nicht. Die Karte, die wir hatten, würde ich nicht als brauchbar bezeichnen wollen und so hielten wir uns an die Spuren der Gruppen, die vor uns in den Wald geschickt wurde. Es ging nämlich immer in Zweiergruppen in gewissen Zeitabständen in den Wald. Nach nicht all zu langer Zeit holten wir die Gruppe vor uns ein, die uns genauso fragend ansah, wie wir sie... Keine Ahnung wo lang... vielleicht zwischen den Bäumen da durch? Oder doch zwischen denen da hinten? Oder ist jemand schonmal den Trampelpfad da hinten lang gelaufen? Wenn ja wer und ist er zurückgekehrt? Und es kam, wie es kommen musste. Wir verirrten uns. Fest entschlossen schritten wir schließlich den Weg entlang, den wir für am wahrscheinlichsten hielten und nach ein paar Minuten war ein lauter Pfiff und Schreien von hinten zu hören...

Die Seminarleitung. Was wir denn da für einen Stuss zusammenlaufen würden? Ob wir denn garnicht überleben wollten. Öhm... Doch, ja. Eigentlich schon...

Wir schämten uns für unser Versagen und ließen uns den richtigen Weg zeigen... den fanden wir dann sogar auch ganz alleine nur mit Hilfe...


Stützpunkt 20.


Ein Bauernhof. Dort stand Henk, der Seminarchef und grinste. Partnerwechsel! Ich suchte mir Robi, den Ungar aus dem MissionHouse aus. So sollte es sein. Wir bekamen eine neue Karte mit neuem Ziel, die etwa genauso unleserlich war, wie die alte. Und wir bekamen eine neue Aufgabe, die wir zu diskutieren hatten. Und: Wir bekamen nochwas. Ein Fahrrad. Aber nicht jeder eins, sondern eins für uns beide zusammen...


Tandemfahren! Yeah!


Wir durften auf dem Gelände des Bauernhofes zwei Übungsrunden drehen um den Umgang mit dem seltsamen Gefährt zu erlernen. Das sieht immer so einfach aus, ist aber wirklich Teamarbeit. Besonders hinten ist es ein schreckliches Gefühl die Verantwortung über das Lenken abzugeben.

Was für ein Trip... Aber ob ihr es glaubt, oder nicht, wir sind nicht ein mal hingefallen! Tschakka!

Es ging ein ganzes Stück allerlei Straßen entlang und wir versuchten uns verzweifelt zu orientieren. Zum Glück wussten wir wenigstens welche Stadt wir erreichen sollten und konnten die Wegweiser am Straßenrand gut entziffern, sodass wir trotz einiger lebensgefährlichen Fahrmanöver unser Ziel erreichten... Die Stadt Leudsen. Ihres Zeichens ziemlich hässlich, doch von einer wunderschönen Flusslandschaft umgeben...

Völlig entkräftet und gepeinigt vom Gegenwind erreichten wir den nächsten Stützpunkt, wo ein Teil der Gruppe schon auf uns wartete. Wieder war der Stützpunkt ein Bauernhof. Wir stellten unsere Tandems ab und beschäftigten uns mit pausemachen und trinken, bis alle anderen da waren. Der Bauernhof lag direkt am Ufer eines Flusses und man munkelte schon, was unsere nächste Aufgabe sein würde....

Auf dem Hinterhof des Gehöftes hatte einer schon so seltsam lange 2 Mann Boote entdeckt, die man dort, wie es schien, mieten konnte. Und es kam, was wir alle erwarteten. Wir tauschen unsere Tandems gegen Kanus...

Fett! Bombenwetter, ultrageiler Fluss und wir beim Kanufahren. Na wenn das nicht cool ist.

Auf in die Boote lautete der Befehl. So sollte es sein. Diesmal war Tibor mein Mann an Deck. Wir machten das Schiffchen startklar und es ging los. Wieder hatten wir ein paar Koordinationsprobleme. Es galt gleichzeitig UND in die gleiche Richtung zu paddeln, was uns am Anfang zumindest nicht immer gelang... Wir ruderten den Fluss entlang, lieferten uns Wettkämpfe mit den anderen Paddelteams unserer Gruppe und machten uns gegenseitig so nass wie möglich. 5Km lang. Dann war der Fluss auf einmal zu Ende. Einfach fertig. Und wir strandeten dumm guckend auf einer Wiese, zogen die Boote an Land und warteten auf die anderen und auf Henk, der die Sache koordinierte und mit dem Auto hinterherfuhr. Der kam dann auch und mit ihm dunkle Wolken... Sollte es etwa anfangen zu regnen? Wir waren doch schon alle bis auf die Knochen nass. Was würde uns der Regen also noch bringen? Das wäre doof.

Wir ließen uns die Laune nicht verderben, packten unsere Lunchpakete aus und schmausten. Henk hatte noch Saft und Milch besorgt und wir ließen es uns gut gehen.Selbstverständlich warteten wir mit dem Essen nicht bis alle Paddelteams da waren. Dann wäre für uns ja nichts mehr geblieben... ;) Nach der Essenspause lehnten wir uns zurück und waren alle stolz das Survivaltraining, wenn auch mit letzter Kraft, bestanden zu haben. Wir waren ja noch am Leben.

Bis einem dann ein ziemlich dummer Gedanke kam...

Wie kommen wir eigentlich von hier,der ziemlich exakten Mitte des Garnichts, wieder zurück in unser Hostel?

Böse Frage...

Ich glaube zu diesem Zeitpunkt klebten auf Henk so ziemlich alle Augen, die wir zur Verfügung hatten mit fragend, ängstlichem Blick...

Der aber grinste nur und sagte: „Ich mit dem Auto und ihr, so wie ihr hergekommen seid...“

Nein!

Jetzt begriff ich, was sie mit survival meinten. Nochmal das ganze? Pitschnass? Kanu, Tandem und wandern?

Och nöö....

Aber ein deutscher Junge weint nicht.

Auf zurück. Dorthin, wos warm ist.

Diesmal viel meine Tandemwahl auf Ferdi. Wir beschlossen eigentlich es ruhig angehen zu lassen... Keine Hektik. Aber dann waren da so ein paar Wilde, deren Namen ich nicht nennen möchte, die meinten mukken zu müssen und uns mit mörderischer Geschwindigkeit überholten. Laut lachend. Wir vielen immer weiter zurück... Konnten wir uns das bieten lassen? Eher minder, oder? Also beschlossen wir das komplette Feld von hinten aufzurollen. Treten bis in den Tod, lautete der Schwur...

Ich weiß wirklich nicht, wie ich diesen unglaublichen Kraftakt in Worte fassen kann, damit ihr auch nur ansatzweise nachempfinden könnt, was wir in der folgenden Viertelstunde empfunden haben... Ich glaube meine Beine sterben immernoch ab...

Ultra.

Und wir haben es geschafft. Wir haben sie alle abgezockt! Die Letzten 20 Meter vor dem Ziel! Ha!

Und wir haben überlebt! Dafür hatte sich die ganze Aktion gelohnt...

Was ein Kampf...


Der Rest des Seminars war weit minder anstrengend. Natürlich verfolgten wir das Österreich-Spiel der Deutschen und auch das Holland-Spiel gegen Rumänien gab es auf der Leinwand zu sehen.

Der Anschied am letzten Tag war dann natürlich dramatisch und nicht ganz einfach. Für einen Großteil unserer Gruppe, nämlich denen, die am European Volunteer Service-Programm teilnehmen (mit Namen die Mädels und die Ungarn) verabschieden sich aus Holland bis zum Ende dieses Monats. Dementsprechend werde ich diese Woche noch einige Menschen besuchen müssen und wollen, die ich dann erst auf dem Rückkehrerseminar in Weimar wiedersehe. Mann, wie ich mich darauf freue...


Auf das Ausscheiden der Niederländer bei der EM möchte ich nur der Vollständigkeitshalber am Rande eingehen. Glaubt mir, es war bitter. Ich bin ja inzwischen erklärter Holland Fan (was selbstverständlich in keinerlei Konkurrenz zu meinem deutschen Fußballherzen steht) und wir Freiwilligen gaben uns das Spiel beim Public Viewing in Arnhem auf dem Korenmarkt.

Mehrere tausend Menschen hatte es dort hin gezogen um zu feiern.... Aber alles kam anders. Damit hätte keiner gerechnet. Doch allen Erwartungen zum trotz blieb alles friedlich und nach den ersten 10min der Trauer und des Schmerzes schien alles wieder vergessen und wir feierten mit orangen Niederländern noch den Rest des Abends ausgelassen. Jetzt hatte Oranje schon verloren, jetzt wolle man sich die Stimmung und damit den Abend wenigstens nicht ganz versauen lassen... Tolle Einstellung! Das lob ich mir...


Nun. Das soll es bis zu diesem Zeitpunkt auch mal wieder von mir gewesen sein...

Ich freue mich über Kommentare und verabschiede mich bis zum nächsten Mal!


Ole, Ole Deutschland!

In diesem Sinne,


Kai


Johannes und ihre neue Frisur


Ihr werdet euch sicher gefragt haben, was das denn für eine komische Überschrift ist: „Johanna und sein wallendes Haar“ Ich spiele hiermit auf Johannes' neue Frisur an. Wenn ich persönlich an das Seminar denke, kriege ich einfach sein freshes, langes, blondes Haar, das er sich in regelmäßigen Abständen leicht und elegant hinter die Ohren kämmt, nicht mehr aus dem Kopf... ;) Es ist und bleibt unsere lieblings Johanna mit seinem wallenden Haar...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

da ich davin ausgehe, dass sowieso keiner deinen blogeitrag liest, ist das schon ok...nein, grappje!
macht mir nichts aus, ich steh dazu, dass ich das shampoo von meiner vriendin benutze!

Anonym hat gesagt…

1. davin = davon

2. kommst du am freitag auch noch auf ein bier nach den haag, wollen noch nen letzten abend hier verbringen, ich hau am samstag morgen dann erstmal nach deutschland ab!